Unfall - was tun?

Wir haben hier für Sie einige wichtige Informationen zusammengestellt.

Fiktive Schadenabrechnung

Gemäß § 249 BGB ist im Wege des Schadensersatzes der Zustand wiederherzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde. Bei einem Schadensersatzanspruch aufgrund eines unverschuldeten Verkehrsunfalles bedeutet das, dass der geschädigte Kfz-Eigentümer den Zustand verlangen kann, der vor dem Unfallereignis bestanden hat. Beruht das schädigende Ereignis nämlich in der Beschädigung einer Sache, so kann der Geschädigte statt der Wiederherstellung in Natur den zur Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag gem. § 249 Abs. 2 BGB verlangen.

Der Kfz-Geschädigte hat also die Wahl, ob er das beschädigte Fahrzeug reparieren lassen und die konkreten Reparaturkosten als Schadensersatz geltend machen will oder ob er das beschädigte Fahrzeug in eigener Regie repariert oder reparieren lässt oder sich dazu entschließt, dass nicht reparieren zu lassen und die für die Reparatur erforderlichen Kosten, die der von ihm eingeschaltete Sachverständige in dem Schadensgutachten aufgeführt hat, vom Schädiger oder dessen Kfz-Haftpflichtversicherung als Schadensersatz verlangt.  Der vom Geschädigten gem. § 249 II BGB zu beanspruchende Geldbetrag ist also derjenige Betrag, der auch bei tatsächlicher Instandsetzung als Kostenbetrag anfallen würde, mit Ausnahme der Umsatzsteuerbeträge, die bei fiktiver Schadensabrechnung gesetzlich ausgenommen sind.

Dieser Geldbetrag i.S.d. § 249 II BGB bemisst sich grundsätzlich danach, was vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Kfz-Eigentümers in der Situation des Geschädigten für die Instandsetzung des Fahrzeuges zweckmäßig und angemessen erscheint (BGH NJW 1992, 302 = VersR 1992, 61; BGHZ 154, 395, 398 = VersR 2003, 918, 919 = NJW 2003, 2085 = NZV 2003, 371; BGHZ 155, 1, 3 = NJW 2003, 2086 = VersR 2003, 920). Es entspricht daher grundsätzlich dem Standpunkt eines verständigen und wirtschaftlich vernünftig denkenden Kfz-Eigentümers in der Lage des Geschädigten, dass er für die Reparatur seines beschädigten Fahrzeuges eine Fachwerkstatt aufsucht und das beschädigte Fahrzeug dort fach- und sachgerecht und unter Aufrechterhaltung der Garantieansprüche reparieren lässt.

Der Geschädigte darf seiner fiktiven Schadensabrechnung grundsätzlich die üblichen Stundensätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm beauftragter Sachverständiger auf dem allgemeinen örtlichen Markt ermittelt hat (BGH DS 2010, 28 ff. m. Anm. Wortmann). Mit diesem Urteil, das als VW-Urteil bezeichnet wird, hat der BGH die grundsätzliche fiktive Schadensabrechnung bestätigt, die er vorher bereits in dem sog. Porsche-Urteil (BGHZ 155, 1 = NJW 2003, 2085)anerkannt und fortgeführt hatte.

Mit dem VW-Urteil hat der BGH allerdings dem Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung die Möglichkeit eingeräumt, den Geschädigten im Rahmen seiner sich aus § 254 III BGB ergebenden Schadensgeringhaltungspflicht auf günstigere „freie Werkstätten“ zu verweisen, wenn die Verweisung für den Geschädigten nicht unzumutbar ist. Eine Verweisung auf die freien Werkstätten, die für den Geschädigten mühelos und ohne Weiteres zugänglich sein müssen, ist für den Geschädigten nicht zumutbar, wenn die Preise in der freien Werkstatt auf Sonderkonditionen mit der eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherung beruhen. Mithin sind Verweisungen auf Partneroder Referenzwerkstätten der Versicherungen unzumutbar (vgl. AG Holzminden Urt. v. 23.3.2010 – 2 C 383/09 -; AG Frankfurt-Höchst Urt. v. 14.4.2010 – 386 C 2602/09(80), über beide Urteile hat die Unfallzeitung berichtet), deren Preise auf Sonderkonditionen mit den Versicherungen beruhen und nicht für jedermann zugänglich sind.

Bei Fahrzeugen, die jünger als drei Jahre sind, ist eine Verweisung ebenfalls für den Geschädigten unzumutbar. Dies gilt auch für Fahrzeuge, die ständig vom geschädigten KfzEigentümer in der Markenfachwerkstatt gewartet und gepflegt werden. Dabei kommt es auf die Besitz- und Eigentumszeit des geschädigten Kfz-Eigentümers an. Im Fall, dass der Geschädigte die Reparaturrechnung vorlegt, ist eine Verweisung auf günstigere Reparaturmöglichkeiten ebenfalls nicht gegeben, da der Schaden des Geschädigten aus der Reparaturkostenrechnung sich ergibt, wobei der letzte Fall praktisch eine konkrete Schadensabrechnung darstellt.

Bei der fiktiven Schadensabrechnung darf der Geschädigte auch die im Gutachten aufgeführten Verbringungskosten und Ersatzteilpreisaufschläge (UPE-Zuschläge) beanspruchen. Allerdings kann der Geschädigte seit der Einführung des Zweiten Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Bestimmungen keinen Ersatz von Umsatzsteuer bei fiktiver Reparaturkostenabrechnung verlangen (BGH DS 2010, 31 m. Anm. Wortmann).

HIS Datei

Die sogenannte „schwarze Liste“ der Versicherungen war bis jetzt Tabu für die Konsumenten. Eine Selbstauskunft ist für jeden möglich und einmal im Jahr kostenlos. Wie die Selbstbeauskunftung vor sich geht, erfahren Sie auf der Webseite der Informa GmbH, die die Anträge entgegennimmt.

Das Hinweis- und Informationssystem der deutschen Versicherungswirtschaft (HIS) gibt es seit 1993. Es umfasst Einträge aus sämtlichen Versicherungssparten. Es sind keineswegs nur Abzocker in der Datenbank gelistet, wie die Versicherungen es gerne behaupten.

Integritätsinteresse

Im Schadensersatzrecht gilt grundsätzlich das Wirtschaftlichkeitsgebot. Das bedeutet nach der Rechtsprechung des BGH, dass der geschädigte Eigentümer grundsätzlich bei mehreren ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zum Schadensausgleich die mit dem geringeren Aufwand wählen muss (BGHZ 115, 364, 368 = VersR 1992, 61, 62; BGHZ 115, 375, 378 = VersR 1992, 64, 65; BGH VersR 1985, 593; BGH VersR 1992, 457; BGH VersR 1992, 710).

Von diesem Grundsatz hat der BGH mit Urteil vom 15.10.1991 (BGHZ 115, 364 = VersR 1992, 61) eine Ausnahme zugelassen. Danach kann der geschädigte Kfz-Eigentümer Ersatz von Reparaturkosten bis zu 30 Prozent über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges verlangen, wenn für ihn ein besonderes Integritätsinteresse an Wiederherstellung des vertrauten Fahrzeuges bestand. Das Integritätsinteresse muss sich in der Weiternutzung des reparierten Fahrzeuges dokumentieren.

Mit dem Urteil des BGH vom 15.2.2005 (BGH VersR 2005, 663) hat der Senat entschieden, dass die Reparatur fachgerecht und in dem Umfang durchgeführt werden muss, wie sie der Sachverständige in seinem Gutachten zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Liegen die voraussichtlichen Reparaturkosten über 130% des Wiederbeschaffungswertes so ist eine Reparatur wirtschaftlich unvernünftig (BGH DS 2007, 347). Eine Aufsplittung in einen wirtschaftlich sinnvollen Reparaturteil bis 130% und einen wirtschaftlich unsinnigen, selbst zu tragenden Teil ist nicht möglich (Wortmann DS 2008, 85, 86).

Es erscheint gerechtfertigt, den Integritätszuschlag nur dann dem Geschädigten zu gewähren, wenn er das Fahrzeug vollständig und fachgerecht repariert oder reparieren lässt. Denn anderenfalls hätte der Geschädigte nur sein Mobilitätsinteresse befriedigt, nicht jedoch sein Erhaltungsinteresse an dem gewohnten Fahrzeug. Insoweit hat die Rechtsprechung eine sechsmonatige Nutzungszeit nach dem Unfall gefordert (BGH NJW 2006, 2179 = DS 2006, 281). Dies gilt allerdings nur für fiktive Abrechnung. Der konkret abrechnende Kraftfahrzeug-Eigentümer, der eine Reparaturkostenrechnung seiner Markenvertragswerkstatt vorlegt, ist an die Sechsmonatsfrist nicht gebunden, da er sein Integritätsinteresse durch die Vorlage der Reparaturrechnung dokumentiert hat.

Nachbesichtigungsrecht

Immer wieder beanspruchen die eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherungen ein Nachbesichtigungsrecht. Sie behaupten, ohne eine Anspruchsgrundlage im Gesetz angeben zu können, der Kfz-Haftpflichtversicherer habe dieses Recht. Diese von den Kfz-Versicherungen geäußerte Rechtsauffassung ist falsch. Weder im BGB noch aus dem VVG noch aus der Rechtsprechung ergibt sich ein generelles Nachbesichtigungsrecht zugunsten der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherungen.

Der Kfz-Haftpflichtversicherung steht regelmäßig kein Anspruch auf Nachbesichtigung des unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges zu, außer wenn ein Verdacht auf betrügerische Geltendmachung von Unfallschäden vorliegt oder bei der Behauptung, Vorschäden seien verschwiegen worden (vgl. LG München I Urt. v. 20.12.1990 – 19 S 11609/90 -). Das AG Ansbach hat jüngst entschieden, dass der Kfz-Haftpflichtversicherer auch kein Recht hat, die Zahlung des Restschadensersatzes bis zur Nachbesichtigung zurückzuhalten, denn der Geschädigte darf aufgrund des von ihm vorgelegten Schadensgutachten abrechnen ( AG Ansbach Beschl. vom 15.7.2010 – 3 C 2406/09 -).

Auch das AG Solingen hatte bereits mit Urteil vom 14.12.2007 entschieden, dass der Geschädigte dem Verlangen der Versicherung, den Unfallschaden noch durch einen eigenen Haussachverständigen nach besichtigen zu wollen, nicht entsprechen muss (AG Solingen Urt. v. 14.12.2007 – 11 C 236/05).

Es genügt, wenn der geschädigte Kfz-Eigentümer der eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherung ein mit Lichtbildern des Fahrzeuges und aller daran festgestellten Schäden versehenes Schadensgutachten eines anerkannten Sachverständigen überlassen hat. Ebenso haben LG Kleve ZfS 1999, 239 und AG Wiesbaden (Urt. v. 28.10.1998 – 91 C 1735/98 -) entschieden, dass es grundsätzlich keine Rechtsgrundlage für eine von der Versicherung veranlasste Nachbesichtigung gibt.

Partnerwerkstatt

Viele Versicherungen schließen Verträge mit Reparaturwerkstätten ab, die sie fortan als ihre „Vertrauenswerkstatt“ oder „Partnerwerkstatt“ bezeichnen und Geschädigten aufs Auge zu drücken versuchen.

Der Grund der geschickten Kanalisation von Geschädigten in Richtung dieser Werkstätten ist Kostendruck, das Ziel: Kostenersparnis für die Versicherung.

„Wir schicken dir Kunden, du reparierst dafür zu Preisen, die wir bestimmen“ – so könnte man das Prinzip des von den Versicherungen betriebenen Schadensmanagements kurz beschreiben. Den Preis zahlt dafür letztlich der Kunde.

Unwissenheit und Stress seitens des Geschädigten verbünden sich zu einer für die Versicherung günstigen Verbindung. Sie nutzen die Bereitschaft des Geschädigten aus, sich unter Druck für den scheinbar einfachen Weg zu entscheiden, ohne sich vorab informiert zu haben.
Ihnen wird ohne beweissichernde Wirkung und absolut intransparent ein Kostenvoranschlag des Servicemitarbeiters aufgedrückt, welcher zur Schadenspiegelung dienen soll.
Im Haftpflichtfall ist die Versicherung verpflichtet die Kosten für das Gutachten zu tragen.
Womit wollen Sie im Veräußerungsfall transparent darlegen welchen Schaden ihr Fahrzeug tatsächlich erlitten hat?
Ohne ein unabhängiges Gutachten wird sich diese Frage im Nachgang nicht mehr klären lassen!

Auf der Hand liegt, dass die gegnerische Versicherung nicht die Interessen des Geschädigten vertreten kann.

Macht der Geschädigte den Fehler und ruft er zuerst die gegnerische Versicherung an, läuft die psychologisch motivierte Maschinerie an. Die Versicherung reagiert sofort, bietet an, den Wagen abzuholen, die Reparatur abzuwickeln, einen Mietwagen zu besorgen und den Wagen repariert und frisch gewaschen wieder vor die Tür zu stellen. Ein Angebot, dem man nur schwer widerstehen kann – vor allem in Unkenntnis der möglichen Fallen, in die er geraten kann.

Quotenvorrecht

Wer kennt es schon – aber wer es nicht kennt, verschenkt Geld. Die Details sind so kompliziert, dass die Abwicklung eines solchen Schadens unbedingt in die Hände eines versierten Fachanwalts gehört. Das Quotenvorrecht ist dann relevant für Sie, wenn zwei Bedingungen zutreffen: Sie hatten einen Unfall, an dem Sie Teilschuld haben.

Sie haben eine Vollkasko-Versicherung?
Aus dieser Situation erwächst ein zweifacher Schadenersatzanspruch. Lassen Sie sich beraten, damit Sie diese Vorteile nutzen können.

Rechtsanwaltskosten

Über die Kostenbelastung für die prozessuale Vertretung im Schadensersatzprozess entscheiden der Prozessausgang und die einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung (ZPO). Entscheidender ist die Kostentragungspflicht des außergerichtlich oder vorgerichtlich vom Geschädigten zur Schadensregulierung eingeschalteten Rechtsanwaltes.

Bei den Kosten des zur Schadensregulierung beauftragten, außergerichtlich tätigen Rechtsanwaltes handelt es sich um einen adäquar verursachter Unfall-Folgeschaden. Der BGH hat in dem grundlegenden Urteil vom 8.11.1994 (NJW 1995, 99 = VersR 1995, 183) ausgeführt, dass die Einschaltung eines Anwaltes dann notwendige Rechtsverfolgungsmaßnahme ist, wenn der zum Schadensersatzverpflichtete nicht auf das erste Schreiben die unverzügliche Schadensregulierung vornimmt. Ist der Schadensfall von vornherein schwieriger gelagert oder wird in einfach gelagerten Fällen der Schaden durch die Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers nicht bereits auf die erste Anmeldung hin reguliert, so darf der Geschädigte sogleich einen Rechtsanwalt seiner Wahl mit der weiteren Geltendmachung der Schadensersatzansprüche beauftragen und kann sodann dessen Kosten für die außergerichtliche Tätigkeit im Rahmen des materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruchs geltend machen.

Im Übrigen wird die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwaltes damit zu begründen sein, dass es die „Waffengleichheit“ mit der mit einer Rechtsabteilung versehenen Kfz- Haftpflichtversicherung gebietet, dem Geschädigten bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall ebenfalls eine rechtskundige Person zur Seite zu stellen. Insoweit sind die außer- bzw. vorgerichtlichen Kosten des vom Geschädigten eingeschalteten Rechtsanwaltes für die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten als notwendige Rechtsverfolgungskosten im Sinne des § 249 BGB anzusehen und – mittlerweile unstreitig – von dem Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung zu ersetzen.

Reparaturkosten

Höchstgrenzen bei der Reparatur eines Unfallwagens, die berücksichtigt werden müssen, sowie unterschiedliche Abrechnungsmodalitäten machen die Berechnung zu einer Wissenschaft.

UHU („Unter HUndert“)
Wenn die Summe der Reparaturkosten und der Wertminderung unter dem Wiederbeschaffungswert bleibt, darf bis zur Höhe des als 100% angenommenen Wiederbeschaffungswertes repariert werden. Den einprägsamen Kürzel UHU hat ein bekannter Richter am Oberlandesgericht in seinen Schulungen für Rechtsanwälte eingesetzt.

ÜHU („Über HUndert“)
Wenn die Summe der Reparaturkosten und der Wertminderung über den als 100% angenommenen Wiederbeschaffungswert hinausgeht, darf bis zur Höhe von 130% repariert werden. Das Fahrzeug muss vollständig und fachgerecht repariert werden, und für einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten nach der Reparatur im Besitz des Fahrzeughalters bleiben.

Fiktive Abrechnung
Bei einer fiktiven Abrechnung wird eine auf Grund des Gutachtens kalkulierte Reparatur ausgezahlt, die jedoch nicht durchgeführt werden muss. Zu beachten ist, dass bei dieser Abrechnungsvariante die Mehrwertsteuer aus den kalkulierten Reparaturkosten abgezogen wird.

Abrechnungsbasis Wiederbeschaffungsaufwand
Die Versicherung kann nicht nur auf Grund des Wiederbeschaffungswertes, sondern auch auf der Basis des Wiederbeschaffungsaufwands abrechnen. Hierbei wird der Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwertes berücksichtigt. Stellt der Geschädigte den verkehrssicheren Zustand des Fahrzeugs wieder her, wird der Restwert nicht abgezogen. Die Qualität der Reparatur spielt hierbei keine Rolle. Auch bei der Abrechnung als Totalschaden wird vom Wiederbeschaffungsaufwand ausgegangen.

Umstrittene Nebenkosten
Bei den anlässlich einer Reparatur anfallenden Begleitarbeiten (z.B. Richtwinkelsätze leihen und aufbauen, Beilackierung, Verbringungskosten, UPE-Aufschläge, Lackaufschläge usw.) sind manche Versicherungen der Meinung, dass diese keine notwendigen Bestandteile der eigentlichen Reparatur darstellen, und wollen sie häufig nicht zahlen. Auch die Stundensätze einer Werkstatt können zu Streitigkeiten führen, wenn die Versicherung eine dem Geschädigten zwar unbekannte, aber billigere Werkstatt durchsetzen will.

Restkraftstoff

Angaben zum Tankinhalt des total beschädigten Unfallfahrzeugs
Im Falle des Totalschadens hat der vom Geschädigten beauftragte Sachverständige in dem Schadensgutachten auch Angaben zum Resttankinhalt zu machen. Dies kann geschehen durch Abfotografieren der Tankanzeige, sofern diese durch den Unfall nicht mitbeschädigt worden ist. Mit der Angabe des Wiederbeschaffungswertes ist nämlich lediglich der Betrag angegeben, zu dem das Ersatzfahrzeug angeschafft werden kann. Der im Tank des Unfallfahrzeuges verbliebene Restkraftstoff ist Geld wert und wird daher beim Totalschaden dem Fahrzeugeigentümer entzogen und muss damit von dem Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherer ersetzt werden.

Aus diesem Grunde hat die wohl überwiegende Rechtsprechung dem totalgeschädigten Kfz-Eigentümer auch einen Schadensersatzanspruch wegen des im Tank verbliebenen Restkraftstoffes zugebilligt (vgl. LG Regensburg NZV 2005, 49 f = DS 2004, 391; ähnlich auch AG Charlottenburg ZfS 1989, 80; Wortmann DS 2009, 253, 259; a.A. LG Darmstadt ZfS 1990, 343).

Die abweichende Ansicht des LG Darmstadt, das annimmt, der verbliebene Restkraftstoff sei mit der Angabe des Wiederbeschaffungswertes enthalten, ist abzulehnen. Der wohl überwiegenden Meinung ist der Vorzug zu geben, da der im Tank verbliebene, für den geschädigten Kfz-Eigentümer endgültig verlorene Tankinhalt einen Vermögenswert darstellt, um den der Geschädigte in seinem Vermögen gemindert ist. Dieser Vermögensnachteil ist daher von dem Schädiger auszugleichen. Zuletzt hat jetzt auch das AG Duisburg mit Urteil vom 4.8.2010 – 50 C 2475/09 – (vgl. Unfallzeitung unter der Rubrik Urteile) dem Geschädigten Ersatz des Resttankinhaltes zugesprochen.

Stellungnahme

Stellungnahmekosten des Sachverständigen
Häufig kürzen die eintrittspflichtigen Kfz-Haftpflichtversicherungen die im Schadengutachten aufgeführten Schadenspositionen, das der Geschädigte der Versicherung zwecks Schadensregulierung eingesandt hat. Der Geschädigte ist häufig technischer Laie, zumal man nicht jeden Tag einen Unfall erleidet.

Er ist daher aufgrund der Kürzungen der Kfz-Haftpflichtversicherung gezwungen, den von ihm zur Erstellung des Schadensgutachtens beauftragten Sachverständigen erneut zu beauftragen, nunmehr zu den Kürzungen der Versicherung Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme ist der Sachverständige berechtigt, sich honorieren zu lassen (vgl. Wortmann DS 2009, 300, 304). Von dem Schädiger und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung kann der Geschädigte diese Stellungnahmekosten erstattet verlangen.

Diese Kosten sind Rechtsverfolgungskosten, weil der Geschädigte regelmäßig mangels hinreichender Sachkenntnis ohne sachverständige Beratung nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist. Zu der sachverständigen Beratung gehört auch die Stellungnahme zu den Kürzungspositionen. Diese Fragen kann ein Laie nicht beantworten, so dass der Geschädigte als technischer Laie die Stellungnahme des Sachverständigen für erforderlich erachten durfte (vgl. AG Frankfurt/Oder Urt. v. 9.3.2006 – 2.6 C 979/05 -; AG Saarbrücken Urt. v. 22.11.2007 – 5 C 489/07 -; AG Essen Urt. v. 6.10.2008 – 11 C 343/08 -; AG Aachen Urt. v. 15.9.2008 – 120 C 225/08 -; Wortmann DS 2009, 300, 304).

Totalschaden

Ein Totalschaden ist zwar immer ein Schaden, aber nicht immer haben wir es nachher mit einem irreparabel beschädigten und endgültig fahruntüchtig gewordenen Fahrzeug zu tun. Versicherungstechnisch und für die Schadensabwicklung bezeichnet das Wort „Totalschaden“ drei unterschiedliche Abrechnungsmöglichkeiten nach einem Unfall.

Der wirtschaftliche Totalschaden
Das Auto könnte zwar repariert werden, aber die zu erwartenden Reparaturkosten übersteigen den ermittelten Wiederbeschaffungswert des Wagens.

Der technische Totalschaden
Das Fahrzeug ist endgültig und irreparabel zerstört.

Der unechte Totalschaden
Bei einer erheblichen Beschädigung eines beinahe neuen Fahrzeugs lohnt es sich, von einem Totalschaden auszugehen. Der zu zahlenden Summe liegt der Neupreis zu Grunde, von dem der Restwert abgezogen wird. Voraussetzung: das Fahrzeug sollte nicht älter als etwa 4 Wochen sein und der Kilometerstand sollte weniger als 1000 gefahrene Kilometer betragen.

Warum spielt der Totalschaden in der Schadensabwicklung eine so prominente Rolle?
Durch die Erweiterung des eigentlichen Begriffs des Totalschadens winken geldwerte Vorteile für die Versicherungen. Denn die in den modernen Autos verbauten zahlreichen Sicherheitskomponenten (hochfeste Stahleinbauten, Elektronik, Airbag, Gurtstraffer usw.) verteuern die Reparatur unverhältnismäßig, so sehr, dass die Kosten denen eines physischen Totalschadens sehr nahe kommen können.

Der versicherungseigene Sachverständige wird die Reparatur entsprechend großzügig und den Restwert möglichst hoch kalkulieren, damit der Gesamtschaden die Versicherung weniger kostet. Konsumenten sind kaum in der Lage, diese Rechenkünste nachzuvollziehen.

Wissenswertes über den Totalschaden

  • Eine Reparaturoption ist meist vorhanden, sogar mit Kosten um 30% über den Wiederbeschaffungswert (130%-Regelung)
  • Die Einstufung als Totalschaden bringt erhebliche Verluste bei finanzierten oder Leasing-Fahrzeugen
  • Der Wiederbeschaffungswert erlaubt drei Varianten der Mehrwertsteuer-Zuordnung
  • Die Restwert-Ermittlung ist eine komplexe Materie
  • Die Wiederbeschaffungszeit beträgt in der Regel nur 14 Tage

Diese Details und Regelungen überfordern den durchschnittlichen Konsumenten. Am längeren Hebel sitzt die Versicherung, die den „unechten“ Totalschaden zum eigenen Vorteil durchsetzen wird.

Fazit
Sie verlieren keine Zeit, wenn Sie Ihre Entscheidung erst nach Auswertung des Gutachtens fällen. Die Zeit des Wartens auf das Gutachten und eine Bedenkzeit können der Wiederbeschaffungsfrist von üblicherweise 14 Tagen hinzugerechnet werden. Erst nach Auswertung des Gutachtens werden Sie in der Lage sein, eine fundierte Entscheidung über Reparatur oder Ersatzbeschaffung zu fällen. Vorausgesetzt, Sie beachten unsere Goldene Regel und lassen sich durch unabhängige Fachleute unterstützen.

Unkostenpauschale

Die Schadensersatzpflicht des Schädigers und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung erstreckt sich auch Folgekosten, die ursächlich mit dem Schadensereignis Verkehrsunfall in Zusammenhang stehen.

Dazu gehört es auch, dass der Schädiger oder dessen Kfz-Haftpflichtversicherung dem Geschädigten dessen Kosten für Telefonate, Porti und Fahrtkosten zum Anwalt oder zum Sachverständigen ersetzt. Seit dem Urteil des OLG Köln (DAR 1965, 270) kann der Geschädigte diese Schadenspositionen angemessen pauschaliert ersetzt verlangen.

Zur Zeit werden von den Gerichten Unkostenpauschalen von 20 bis 30 Euro zuerkannt. Dabei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass in der allgemeinen Unkostenpauschale kein Teilbetrag für Zeitversäumnis enthalten ist, denn für Freizeitverlust steht dem Geschädigten kein Ersatzanspruch zu(BGH NJW 1980, 1518).

Wiederbeschaffungswert

Für den Wiederbeschaffungswert eines unfallbeschädigten gebrauchten Kraftfahrzeugs ist derjenige Preis ausschlaggebend, den ein Geschädigter zahlen muss, wenn er von einem seriösen Händler ein dem Unfallfahrzeug vergleichbares Ersatzfahrzeug nach gründlicher technischer Überprüfung – unter Umständen mit Werkstattgarantie – erwerben will.

Die richtige Schätzung des Wiederbeschaffungswertes ist ein zentraler Punkt im Gutachten und somit in der Schadensregulierung nach einem Unfall. Obwohl der durchschnittliche Fahrzeughalter bezüglich seines Wagens sicherlich nicht an Wertschätzung fehlen lässt, können die wenigsten unter ihnen seinen realen Wert annähernd korrekt einschätzen.

In einer von mobile.de und TNS Infratest durchgeführten Umfrage schätzten mehr als die Hälfte der befragten Personen ihren eigenen Wagen viel zu niedrig, im Durchschnitt um die 1600 Euro niedriger ein, als der durch Experten festgestellte tatsächliche Wiederbeschaffungswert gewesen wäre.

Basisdefinition des Wiederbeschaffungswertes
Für den Wiederbeschaffungswert eines unfallbeschädigten gebrauchten Kraftfahrzeugs ist derjenige Preis ausschlaggebend, den ein Geschädigter zahlen muss, wenn er von einem seriösen Händler ein dem Unfallfahrzeug vergleichbares Ersatzfahrzeug nach gründlicher technischer Überprüfung – unter Umständen mit Werkstattgarantie – erwerben will. Obwohl sich diese Definition einfach anhört, beschert uns die Realität eine Menge Komplikationen, weil steuerliche Finessen einen nicht unerheblichen Einfluss auf die tatsächliche Summe haben.

Wiederbeschaffungswert inklusive Regelbesteuerung
Bei überwiegend gewerblich genutzten Fahrzeugen und auch Luxusautos wird der Wiederbeschaffungswert mit inkludierter, separat ausweisbarer Mehrwertsteuer (19%) kalkuliert.

Wiederbeschaffungswert inklusive Differenzbesteuerung
Im Gebrauchtwagenhandel ist die Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis für den Autohändler steuerpflichtig. Unabhängig vom tatsächlich erzielten Gewinn, der nicht deklariert werden muss, zahlt der Händler gemäß § 25 UStG pauschal 2,5% Steuer, die bei dieser Schätzungsvariante inkludiert ist.

Wiederbeschaffungswert bei Altfahrzeugen am Privatmarkt
Seit Einführung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01. Januar 2002 verkaufen Autohändler keine Fahrzeuge mehr, die über 10 Jahre alt sind. Der Grund sind verschärfte Haftungsbestimmungen bei Verkauf an Privatpersonen. Will ein Geschädigter ein solches Altfahrzeug kaufen, dann muss er sich auf dem Privatmarkt umsehen. Differenzbesteuerung und Mehrwertsteuer fallen hier nicht an, und werden bei der Schätzung des Wiederbeschaffungswertes nicht berücksichtigt.